Wir trauen unseren Augen nicht. Eben sind wir aus dem breiten Hever in einen schmalen Priel abgebogen, dann dieser phantastische Anblick: Unmittelbar vor uns liegen weit über hundert Seehunde auf einem hohem Wattrücken.

Wir halten Abstand zur Wattkante. Trotzdem, einigen Tieren ist die Begegnung mit den beiden Kajakfahrern unheimlich, sie gehen ins sichere Wasser. Hier scheinen sie keine Scheu zu kennen und kommen bis auf wenige Meter an unsere Boote heran. Mit großen Kulleraugen beobachten sie das Geschehen oder tauchen mit aufklatschender Schwanzflosse ab. Noch über viele hundert Meter werden wir von den possierlichen Meeresbewohnern begleitet.



Wir sind bereits seit drei Tagen in den Weiten des Wattenmeeres unterwegs. Heute sind wir früh gestartet, in den Watten geben die Gezeiten den Lebensrhythmus vor. Kurz nach Sonnenaufgang rutschen wir wie auf Schmierseife ein schräges Schlickufer hinunter und schießen ins Wasser eines Hafenbeckens. „Cavalierstart“ würde der Wildwasserfahrer diese Methode nennen. Schnell wird die Insel hinter uns kleiner und verschwindet schließlich aus dem Blickfeld. Mit Kompass und Seekarte wird die Position bestimmt, das neue Ziel anvisiert. Nur nicht trockenfallen im Watt und stundenlang auf steigendes Wasser warten.



Wir haben unsere Fahrtenroute genau auf die Gezeiten mit ihren Tidenwechseln abgestimmt. Mit Einsetzen der Flut ändern wir unseren seewärts gerichteten Kurs und paddeln mit auflaufendem Wasser einer Hallig entgegen.



Bereits zum Frühstück haben wir unser Tagesziel erreicht, schnell steht das Zelt auf dem kurzgeschorenen Halligrasen. Um uns herum ein unglaubliches Spektakel, Tausende von Seevögeln schwirren über der Insel. Auf den Wanderungen über die wenigen befestigten Wege erkennen wir überall Gelege mit brütenden Austernfischern, Lachmöwen und Eiderenten. Seeschwalben fliegen Scheinangriffe. Mit einem weiteren Sprung über die offene See endet unsere kleine amphibische Reise einen Tag später in einem friesischen Fährhafen. Im Hafen erkundigen sich jungen Leute nach unserem tun und kommentieren es anerkennend mit „voll krass“.