Die Schären von Östergötland sind für Kajakenthusiasten ein besonderes, traumhaftes Paddelrevier. An der Ostküste Schwedens liegen Tausende kleine und große Inseln. Wobei die Schären je näher sie am Festland sind, mit Ihren Wäldern (hauptsächlich Krüppelkiefern, ab und zu Birken, Eichen, Pappeln und Apfelbäumchen sowie Wachholdersträucher, Heidelbeer- und Preiselbeerbüschen) grüner sind als die äußeren, felsigen Schären. Jede Schäre ist schön und einzigartig. Das Schärenareal besteht aus drei Schärengärten: Gryt und Tjust, St. Anna und Arkösund. Die Helsinki Kommission hat viele Schären unter besonderen Schutz gestellt (BSPA -Baltic See Protected Area). Für manche Schären besteht deshalb, im Rahmen des Naturschutzes (hauptsächlich Vogelschutz), während des Sommers absolutes Betretungsverbot.

Die Schären bestehen aus 1900 Millionen Jahren altem Grundgebirgsgestein – Gneis und Granit. Die Schärenlandschaft an sich ist relativ jung. Riesige Eismassen haben dieses ursprünglich zum Festland gehörende Areal unter Wasser gedrückt. Beim Abschmelzen wurden die Felsen rund geschliffen und das Land stieg langsam wieder auf. Dieser Prozess der Landerhebung ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Jährlich steigen die Schären ca. 2 – 3 mm aus dem Meer. Dieses hat zur Folge, dass im äußeren Archipel neue Schären auftauchen und die Inseln nahe dem Festland mit diesem zusammenwachsen.

Ausgangspunkt unserer Urlaubstour vom Wassersportverein Süderelbe in Hamburg-Harburg arburg am Freitag, dem 27. Juli 2018, war Tyrislöt. Dort hatten wir unsere Autos geparkt. In einem winzigen Krämerladen bei einer betagten, liebenswerten Dame erstanden wir Gemüse und Obst und haben unsere Frischwasserreserven ergänzt. Thomas, welcher auf einem benachbarten Campingplatz mit seiner Familie Urlaub machte, begleitete uns mit seinem Kajak die ersten Kilometer und führte uns zu einer 7 km entfernten Schäre. Abends sahen wir die letzten Schatten der Erde auf dem Mond, eine Mondfinsternis neigte sich dem Ende zu.

Den nächsten Tag nützten Elisabeth, Andrea, Jürgen und ich, um auf einer benachbarten Insel mit einem ca. 3 m hohen Turm einen schönen Ausblick über andere Schären zu erlangen. Von unserem ersten Übernachtungsplatz ging es weiter Richtung Süden. Versehentlich landeten wir auf einer Privatinsel. Als wir noch beim Abendessen waren, besuchte uns der freundliche Eigentümer. Zum Glück durften wir bleiben. Am nächsten Tag paddelten wir zum Hafen Fyrudden, um dort unseren Nachzügler Joachim in Empfang zu nehmen. Zusätzlich schlug auch noch Thomas paddelnder Weise aus Sanden kommend auf.

Freundlicher Weise fuhr Thomas Joachims PKW nach Tyrislöt. Dadurch standen alle Autos am angedachten Schlusspunkt unserer Reise. Anschließend versorgten wir uns mit Frischkost aus dem kleinen Supermarkt und füllten unsere Wasserbehälter auf.

Die Suche nach einem geeigneten Zeltplatz in ca. 15 km Entfernung war aufwendiger als wir erwartet. Wir Frauen favorisierten eine Insel, die leider keine ameisenfreie, ebene Fläche für 6 Zelte bietet. So nahmen wir von „Frauen Island“ Abschied und siedelten uns gegenüber auf „Jürgen Island“ an, dem südlichsten Punkt unserer Reise.

Der nächste Tag ist wieder ohne Packen. Wir erkundeten paddelnd die Umgebung unserer Schäre, in der Hoffnung irgendwo einen Fischer aufzuspüren, der uns Räucherfisch verkauft. Wir wurden fündig; leider war der Fischer aushäusig.

Am nächsten Tag steuerten wir über Fyrudden den Übernachtungsplatz „Barum Reihersee“ an. Die Namensgebung „Barum Reihersee“ stammt von Marcs Vater, welcher vor vielen Jahren dort sein Zelt aufgeschlagen hatte. „Barum Reihersee“ besitzt einen der seltenen Sandstrände in den Schären. Der Strand dient als öffentliche Badestelle. Insbesondere Familien landen auf der anderen Seite der Schäre mit ihren Motorbooten an, um nach einem Spaziergang von ca. 200 m, am flach im Wasser auslaufenden Sandstrand baden zu können. Im Blasentang am Ufer fanden wir viele tote Stichlinge vor. Wir vermuten, die lang andauernde Hitze und der damit verbundene Sauerstoffmangel im Wasser hat ihnen das Leben gekostet.

Weiter ging die Seekajaktour über das idyllische Harstena. Hier legten wir eine Kaffeepause ein. In der kleinen Dorfbäckerei am Ende des Dörfchens aßen wir auf einer kleinen Terrasse frischgebackenen Kuchen und Plunderstücke. Für das Abendessen nahmen wir Saatenbrot oder Walnussbrot mit und kauften in der ortsansässigen Räucherei Lachs und Aal. Durch das Schärenlabyrinth und enge Fjorde gelangten wir zum nächsten „Standquartier“, in der Nähe von Tyrislöt. Elisabeth, Jürgen und ich hatten einen schönen, geschützten, lichten Platz für unsere Zelte gefunden. Am liebsten hätten wir dort den restlichen Urlaub verbracht. Von dort schwirrten wir nach Tyrislöt aus, um unsere Lebensmittelversorgung aufzubessern und im Auto unsere Powerbank, Kameras und Handys aufzuladen.

Wir hatten auf der nächsten Schäre noch nicht alle unsere Zelte aufgebaut, als uns ein Unwetter überraschte. Gerd, Jörg und Nils sicherten rasch mit Leinen unsere Boote. Jürgen und mein Zelt war dem Wind besonders ausgesetzt. Unser Zelt bog sich gefährlich im Sturm. Wir stemmten unsere Füße zur Stabilisierung gegen die Zeltinnenwand. Nach ca. 30 Minuten hatten wir es überstanden. Fantastische hell und dunkle Wolkenformationen sowie Wetterleuchten prophezeiten ein weiteres Unwetter. Fasziniert positionierten wir neun unsere Stühle am Rand eines Felsenplateaus, von welchem wir eine gute Weitsicht hatten. Vor dem nächsten Regenguss tauften wir schnell Jörgs Kajak auf den Namen „Tupper Rouge“ – passend mit französischem Merlot.

Von dort ging es bei Windstärke 4 beaufort weiter Richtung Arkösund, der nördlichsten Station unserer Tour. Ca. 300 m bevor ich in den Windschatten einer Schäre erreichen konnte, riss mein Steuerseil. Mit Mühe erreichte ich den Windschatten. Gerd und Jürgen führten sofort am Ufer eine Notreparatur durch. Bei Arkösund liegen die Schären dicht beieinander und bilden teilweise Buchten. In der Bucht unseres Ziels lag in unmittelbarer Nachbarschaft ein kleines Motorboot. Während unseres zweitägigen Aufenthalts sahen wir auf diesem keinen Menschen, was ungewöhnlich ist. Wir dachten uns allerlei Geschichten aus – gruselige und romantische. Unsere Schäre erhob sich auf flach ansteigenden rosa Granitfelsen aus dem Meer. Jede/r fand ihre/seine Badebucht. Gerd ortete an seinem Körper, zum zweiten Mal eine Zecke - dieses Mal am verlängerten Rücken. Nach kurzer ambulanter Behandlung durch Nils war die Zecke entfernt.

Nach zwei Übernachtungen nahmen wir wieder Kurs auf Tyrislöt. Das Ende des Urlaubs nähert sich. Etwa 8 km von Tyrislöt entfernt, suchten wir eine Schäre auf, welche wir Tage zuvor als Pausenplatz genutzt hatten. Die Schäre teilten wir uns mit Björn aus dem Sauerland, welcher vor uns dort angelandet war. Björn „erlaubte“ uns auf seiner Schäre zu bleiben.

Gabriele hatte mit der App „Windfinder“ herausgefunden, dass am nächsten Tag mit Wind der Stärke 5 – 6 zu rechnen sei, weshalb wir den Windschatten der Insel aufsuchten und einen weiteren Pausentag einlegten. Diese Wetterlage – Flaute im Windschatten und Gegenwind - nutzte ich, um diverse Paddel auszuprobieren. Testsieger war das Paddel einer Vereinskollegin. Ich tröste mich damit, dass mein Paddel immerhin für mich das zweitbeste ist. Während Joachim, Jörg, Elisabeth und ich unter Anleitung von Nils dessen Wachholderholzfundstücke zu Kochlöffeln verarbeiteten, erkundeten Gabriele und Andrea die Insel. Auf der Suche nach einem Schatz kam Andrea mit einem riesigen Knochen wieder. Sie legte zu unserer Zufriedenheit fest, dass es ein Elchknochen sein musste. Wenn wir schon keinen lebenden Elch gesehen haben, so wenigstens Teile eines toten.

Für unseren letzten geplanten Paddeltag, dem Freitag, den 10 August 2018, kündigte „Windfinder“ Wind der Stärke 6 – 7 an, weshalb wir unsere Ostseetour durch Schwedens Ostschären vorzeitig am Donnerstag beendeten.

Hinter uns liegt ein schöner und interessanter, naturnaher Urlaub mit viel Sonnenschein, Baden in klarem, sauberen türkisgrünem Wasser, Inselerkundungen, Schnitzen, Angeln, Lesen und guten Gesprächen.